Rutishauser/Kuhn. Spracharchive

 

  

ID 12 Spracharchive, Galerie Agathe Nisple, St.Gallen, Oktober 1993
ID 12.2 Spracharchive, Stipendienausstellung, Helmhaus Zürich, Mai 1994
Texte, Buchstaben auf Karteikarten, Karteien, Laserdruck auf Papier, Titeltafeln, 36 x 150 cm, Lack auf Holz

Originalbeiträge für die Spracharchive:
ZERLEGEN UND ORDNEN, Zettels Ordnung - Von Zettelkästen und vom Verzetteln, Romy Günthart, Zürich 1993
DAS WORT IST WORT, Wort, Christian Uetz, Kreuzlingen 1993
DIE MECHANISCHE SPRACHE, Die mechanische Sprache, Matthias Kuhn, Trogen 1993
DIE GEDEUTETE SPRACHE, Die gedeutete Sprache, Matthias Kuhn, Trogen 1993
BILD UND TEXT, Die doppelte Bewegung, Georg Rutishauser, Zürich 1993
DAS RICHTIGE WORT, Das richtige Wort, Clemens Umbricht, Müselbach 1994

 

In ID 12 werden Teile eines sich im Aufbau befindenden Spracharchivs vorgestellt. Bei den einzelnen Karteien, aus denen sich das Archiv zusammensetzt, handelt es sich um alfabetisch zerlegte, auf Anfrage hin von verschiedenen Autorinnen und Autoren geschriebene Texte. Die Texte behandeln Aspekte der Sprache im germanistischen, linguistischen, filosofischen, psychologischen, literarischen, künstlerischen (...) Kontext.
Das Spracharchiv wird weitergeführt und ausgebaut bis zur eigentlichen Sprachenzyklopädie.
Ein Text wird jeweils in Einzelwörter zerlegt und Wort für Wort alfabetisch in eine Kartei eingeordnet. In einem weiteren Schritt werden die Wörter in ihre Buchstaben zerlegt und Buchstabe für Buchstabe in dieselbe Kartei eingeordnet. Es entstehen auf diese Weise zwei parallele Verzeichnisse in derselben Kartei, die beide, auf Wort- und auf Buchstabenebene, das anagrammatische Material des jeweiligen Textes enthalten. Jeder Text bleibt in der Konsequenz also rekonstruierbar.
Aus dem scheinbar eindeutigen Text wird bei seiner systematischen Behandlung und Zerlegung ein neues, multifunktional-polyvalentes Material, das, losgelöst vom Text, neue Texte beinhaltet und, seine Einstimmigkeit aufgebend, vielstimmig zu reden beginnt. Die Vielzahl der latenten Texte läuft der formal angestrebten Wissenschaftlichkeit, der vermeintlich systematischen Eindeutigkeit nicht nur streng zuwider, sondern sprengt diese Kraft ihres Inhaltes.
Die Karteien beinhalten somit nicht nur den einen, archivierten Text, sondern zusätzlich den Kanon, der bei der Systematisierung entstandenen, subversiv-latenten Texte. Im Archiv entstehen analog eine Anzahl neuer, unfassbarer Archive, die in ihrer inhaltlichen Ganzheit zwar nicht eingesehen, in ihrer alfabetischen Systematik aber sehr wohl erarbeitet und auf jeden Fall gelesen werden können.
Jedem Text ist eine Tafel zugeordnet, die einen programmatischen Titel trägt und damit die plakative Verbindung zwischen Betrachter und Arbeit herstellt.

 

Die archivierten Texte:
Romy Günthart, Zettels Ordnung - Von Zettelkästen und vom Verzetteln, Zürich 1993
Matthias Kuhn, Die mechanische Sprache, Trogen 1993
Matthias Kuhn, Die gedeutete Sprache, Trogen 1993
Georg Rutishauser, Die doppelte Bewegung, Zürich 1993
Christian Uetz, Wort, Kreuzlingen 1993
Clemens Umbricht, Das richtige Wort, Müselbach 1994

 

 

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